Wie unsere Glaubenssätze unsere Schuldgefühle beeinflussen
- Fabian Solms
- 10. Okt. 2024
- 4 Min. Lesezeit

Man kennt es aus dem Alltag: Man hat den Geburtstag eines Freundes vergessen, einen Fehler bei der Arbeit gemacht oder etwas Ungewolltes und Verletzendes zu den Eltern gesagt. Und zack – man schwimmt in Schuldgefühlen bis zum Hals. Dieses unangenehme Gefühl taucht auf, wenn man glaubt, gegen die eigenen moralischen Maßstäbe, persönliche Werte oder die Erwartungen anderer verstoßen zu haben. Und das ist eigentlich gar nicht so schlecht wie es sich anfühlen mag: denn Schuldgefühle treiben uns dazu, das Geschehene zu hinterfragen, Verantwortung zu übernehmen indem wir nach Entschuldigungen suchen oder zumindest seine eigenen dahinterstehenden Werte zu hinterfragen: „Stehen diese Werte, dessen Missachtung oder Verletzung meine Schuldgefühle auslösen, überhaupt noch im Einklang mit meinem Leben, oder ist ihre Verletzung inzwischen nicht mehr relevant?".
Schuldgefühle als Chance zur Selbstreflexion und Weiterentwicklung
So kann es sein, dass man zur Schlussfolgerung kommt, dass man unterbewusst Werte oder Glaubenssätze in sein Urteilungssystem integriert oder abgespeichert hat, die eigentlich gar nicht in das jetzige Leben passen oder zu den eigenen Idealen oder Lebensvorstellungen dazugehören. Und das gibt einem die Möglichkeit, bewusst dagegen vorzugehen und diese rückwirkend zu ändern. Schuldgefühle stellen also eine Chance dar, unseren moralischen Kompass und unsere Normen und Regeln zu überdenken oder - zu bestätigen. Somit helfen Schuldgefühle, uns zu regulieren, sich an die Normen unserer Gesellschaft, Umwelt und unserer Selbst anzupassen. Und geben uns damit einen Wegweiser im Leben und im Alltag.
Schuldgefühle sind also per-se nichts Schlechtes, egal wie unangenehm sich das zuerst auch anfühlen mag. Wenn man neugierig wird, und der Schuld zuhört, gibt man sich die Möglichkeit etwas über seine unbewussten Werte, Glaubenssätze und Regeln, die man in einem frühkindlichen Alter integriert hat, herauszufinden. In solchen Situationen kann psychologische Hilfe durch eine:n Psycholog:in oder psychologische Beratung sehr wertvoll und hilfreich sein um diesem Gefühl und dessen Ursprung auf den Grund zu gehen und Klarheit zu gewinnen.
Erkennen und Überdenken dysfunktionaler Muster
Ein Beispiel zur Verdeutlichung: Vielleicht wurde einem beigebracht, sich immer selbst hintenanzustellen und die Bedürfnisse anderer in den Vordergrund zu rücken. So kann sich aus Glaubenssätzen wie "Ich muss alle glücklich machen, bevor ich an mich selbst denke" oder "Ich darf niemanden abweisen, sonst enttäusche ich sie" Werte wie "Fürsorge" oder "Selbstlosigkeit" entwickeln oder rauskristallisiere und im Hintergrund unser Verhalten, unser Selbstwertgefühl und unsere Gefühle steuern. Auch wenn man sich dessen gar nicht so bewusst ist – oder es sich nicht bewusst so ausgesucht hat. Diese Prägungen können zu dysfunktionalen Tendenzen führen – in unserem Beispiel zu sogenannten People-Pleaser-Tendenzen – das Bedürfnis, es allen recht machen zu wollen, selbst auf Kosten des eigenen Wohlbefindens. In solchen und ähnlichen Fällen kann Schuld schnell zu einem ständigen Begleiter werden, der uns selten von der Seite weicht.
Wenn man anstelle der üblichen automatischen Reaktion, die einen direkt in die Schuldspirale schickt, neugierig wird, kann man sich diesen unterbewussten Werten und Glauben bewusst werden und kritische Fragen stellen wie: „Ist es wirklich meine Aufgabe, alle anderen glücklich zu machen?“ oder „Darf ich mich nicht selbst an erste Stelle setzen, wenn es um meine Gesundheit oder mein Wohlbefinden geht?“, „Wie wurde mir dieser Wert aus meiner Umwelt vermittelt, woher habe ich das aufgeschnappt?“ und: „Was passiert eigentlich, wenn ich diesem Wert nicht folge? Was für Konsequenzen erwarten mich?“
Innerer Konflikt als Ursache von Schuldgefühlen
Vielleicht stellt man ja plötzlich fest, dass es im Inneren einen Konflikt gibt – zwischen den erlernten, unbewussten Werten, die man sich in der Vergangenheit angeeignet hat, und den „idealen Werten“, die man heute vielleicht gerne leben würde. Oder vielleicht konkurrieren diese sogar miteinander und es ist schwierig eine Entscheidung zu fällen, welchem der zwei Werte man folgen sollte (z.B. „Meine Freunde nicht enttäuschen“ vs. „mich selber und meine Gesundheit priorisieren“). Indem man innehält, eröffnet sich die Möglichkeit, sich diesem inneren psychologischen Konflikt zu stellen und anstelle der gewohnten Reaktion (sich schuldig, vielleicht sogar nicht gut genug zu fühlen, sich zu rechtfertigen oder in ungesunde vermeidende Verhaltensweisen zu verfallen) gesunde, reflektierte Entscheidungen zu treffen, anstatt sich immer wieder von Schuldgefühlen überwältigen zu lassen.
Was man tun kann
Erst wenn man anfängt, das eigene Schuldgefühl kritisch zu beleuchten, offenbaren sich diese versteckten inneren Überzeugungen in unserer Psyche. Es ist der erste Schritt, um diese Muster und Tendenzen zu erkennen, die uns in diese emotionalen Sackgassen führen. Ein Psychologe oder psychologischer Berater kann dann in solchen Fällen wertvolle Unterstützung bieten, indem dieser zusammen mit dem Klienten Muster, Überzeugungen und Glaubenssätze aufdeckt, die hinter diesen Emotionen und Verhaltensweisen stecken. Diese kann man dann gemeinsam hinterfragen, testen und erneuern.
Fazit
Schuld ist eine wertvolle Emotion, die uns darauf hinweist, ob wir im Einklang mit unseren inneren Werten und Überzeugungen leben. Anstatt uns von Schuld erdrücken zu lassen, sollten wir sie als Chance sehen, unser inneres psychologisches Erleben und unsere unbewussten Überzeugungen zu ergründen, ihre Inhalte zu beleuchten, zu reflektieren und uns weiterzuentwickeln – hin zu einer entspannteren, authentischeren Version unserer Selbst. Eine psychologische Online-Beratung durch einen qualifizierten Psychologen oder psychologischen Berater kann dabei helfen, diesen Prozess der Selbstreflektion und persönlichen Entwicklung zu unterstützen, ganz bequem von zu Hause aus.
Möchtest du mit mir daran arbeiten? Dann melde dich gerne per Email fabian.solms@gmail.com oder über das Kontaktformular.
Liebe Grüße
Comments